Viele Wiederholungen und weniger Gewicht.
Liebe Fitness-Freunde!
Krafttraining zählt mittlerweile zu den wichtigen Bausteinen zur Verbesserung der Fitness und der Leistungsfähigkeit im Freizeit-, Leistungs- und Hochleistungssport. Doch auch in der Prävention gewinnt Krafttraining immer mehr an Bedeutung. Es unterstützt die Skelettmuskulatur, ein wichtiges Stoffwechselorgan, die neben den Bewegungs-, Halte- und Stützfunktionen auch metabolische Funktionen wahrnimmt.
Kraftausdauertraining, Training im Hypertrophie- oder Maximalkraftbereich? Sie werden sich fragen, welche Trainingsart ist die richtige für mich ? Durch verschiedene Trainingsarten und Trainingsintensitäten werden die unterschiedlichen Erscheinungsformen der Kraft herausgebildet. So kann beispielsweise mit einem Training im Hypertrophiebereich ein Muskelaufbau erreicht werden. Dies ist vor allem für den Freizeitsportler und den Gesundheits- und Rehabilitationsbereich wichtig. Mit einem Training im Maximalkraftbereich kann die Schnellkraft herausgebildet werden. Doch wozu dient das Kraftausdauertraining?
Kraftausdauertraining – Permanentes Wiederholen für Anfänger?
Zunächst wollen wir klären, was Kraftausdauertraining ist. Schmidtbleicher (1989) definiert als Kraftausdauer die Fähigkeit des neuromuskulären Systems, eine möglichst große Impulssumme in einem definierten Zeitraum (längstens 2 Minuten bei maximaler Auslastung) gegen höhere Lasten (mehr als 30 % der Maximalkraft) zu produzieren und dabei die Reduktion der produzierten Impulse im Verlauf der Belastung möglichst gering zu halten. [1] Vereinfacht gesagt, bedeutet Kraftausdauertraining Training mit hoher Wiederholungszahl bei geringen Gewichten. Beim Kraftausdauertraining wird also nicht mit Maximalkraft trainiert, sondern nur mit einer Intensität von etwa 50 Prozent der Maximalleistung. Beim Kraftausdauertraining wird empfohlen, dass die Übungen aus etwa drei Sätzen mit je 20 bis 100 Wiederholungen bestehen. Zwischen den einzelnen Übungen ist eine Pause von etwa zwei Minuten einzulegen. Durch das Kraftausdauertraining werden vorhandene Muskeln vergrößert. Es werden jedoch keine neuen Muskelfasern erzeugt.
Millionen Freizeitsportler trainieren im Fitnessstudio meist im Kraftausdauertraining, um ihre Gesundheit und ihr Wohlbefinden zu fördern. Durch diese Trainingsform wird bei ihnen bereits bei geringen Beanspruchungen ein Muskelreiz erfolgt. Auch die orthopädische Rehabilitation kommt ohne Kraftausdauertraining nicht mehr aus. Doch Kraftsportler und Trainingsprofis trainieren im Hypertrophie- oder Maximalkraftbereich und meiden das Kraftausdauertraining oft aus Angst vor einem aus ihrer Sicht möglichen Muskelabbau. Hinzu kommt das Bild, das er der Öffentlichkeit vermittelt. Ein Kraftsportler, der nur mit geringen Gewichten trainiert? Unmöglich! Beim Bankdrücken nur 40 Kilo bewegen? Andere Mitglieder im Fitnessstudio könnten denken, dass der Kraftsportler nicht zu mehr in der Lage ist. Der Profi befürchtet einen Imageverlust und dass er seine tatsächlich mögliche Leistung nicht mehr zeigt, wenn er Kraftausdauertraining macht.
Lautet die These nun: Anfänger machen Kraftausdauertraining und Profis trainieren im Hypertrophie- oder Maximalkraftbereich? Ist damit alles zum Thema gesagt? Doch so einfach ist es nicht. Kraftausdauertraining, so unbeliebt es auch bei den Profis ist, bietet zahlreiche Vorteile. In diesem Blogbeitrag möchte ich Ihnen die Vorteile dieser Trainingsmethode näherbringen. Auch Kraftsportler und Spitzensportler können vom Kraftausdauertraining profitieren, wenn sie dieses in ihren Trainingsplan integrieren und es zusätzlich zum Hypertrophie- und Maximalkrafttraining durchführen.
Kraftausdauertraining bis zum Muskelversagen – was bringt es?
Bei Training im Bereich von 20 bis 100 Wiederholungen kommen Sie nicht nur ins Schwitzen, sondern ein Muskelkater ist mit Sicherheit vorprogrammiert. Verantwortlich dafür ist das Laktat, das Salz der Milchsäure, das beim Abbau von Glucose entsteht. Bei höheren Belastungen kann sich das Laktat in der Muskulatur anhäufen und bei zu hoher Konzentration zum so genannten Muskelversagen führen, bei dem einfach keine weiteren Wiederholungen möglich sind. Dabei versagt der Muskel nicht wirklich, sondern er kann für die Bewegung nicht mehr die notwendige Energiemenge aufbringen. Bei Übersäuerung der Muskulatur durch die Anreicherung mit Laktat kann die Wiederholung durch fehlende Energiezufuhr und Abtransport der Schadstoffe nicht mehr durchgeführt werden. Es kommt zur Erschöpfung der Energiespeicher und somit zum sogenannten Muskelversagen.
Durch Kraftausdauertraining kann jedoch die Säuretoleranz der Muskulatur verbessert werden. Das heißt, die Übersäuerung wird hinausgezögert. In mehreren Studien mit verschiedenen Probanden konnte nachgewiesen werden, dass bei einem Training im Bereich von 20 bis 100 Wiederholungen eine erhöhte Laktatschwelle auftrat. Das bedeutet, die Probanden konnten nach der Trainingsperiode mit einer höheren Intensität trainieren, bis sie die aerob-anaerobe Schwelle erreichten. Außerdem waren die Blutlaktatwerte in submaximalen Intensitäten nach der Trainingsphase niedriger. Das heißt, durch die hohe Anzahl an Wiederholungen mit kurzen Pausen kann vor allem bei Untrainierten eine Verbesserung der Laktatwerte erreicht werden. Die hohen Serien im Kraftausdauertraining setzen also neue Wachstumsreize für die Muskulatur. Diese verminderte Laktatproduktion wirkt sich auch auf das Training im Hypertrophie- oder Maximalkraftbereich aus. Somit können die Profis, die mit Maximalkraft trainieren, mehr Wiederholungen mit Maximalkraft absolvieren, bevor es bei ihnen zum sogenannten Muskelversagen kommt.
Kapillarisierung-Training – was soll das sein?
Kraftausdauertraining wirkt sich auch positiv auf die Kapillarisierung aus. Ein Kapillarisierung-Training wird noch nicht in vielen Fitnessstudios umgesetzt. Jedoch kann auch mit dieser Form des Krafttrainings die Maximalkraft und/oder das Dickenwachstum der Muskulatur (Hypertrophie) gefördert werden. Kapillaren, die kleinste Blutgefäße des menschlichen Organismus, durchbluten den Muskel und bilden ein feines Netzwerk in den Organen und Geweben des Körpers. Sie ermöglichen den Sauerstoffaustausch, versorgen die Organe mit Nährstoffen und transportieren die Stoffwechselendprodukte und sonstige Abfallstoffe ab. Durch Kraftausdauertraining kann das Kapillarnetzes verfeinert bzw. erweitert werden. Durch die höhere Kapillardichte kommt es zu einer besseren Versorgung des Muskels mit Nährstoffen und Sauerstoff, einem effektiveren Abtransport der Stoffwechselendprodukte (z. B. Laktat) und damit einer höheren Leistungsfähigkeit. Der Muskel wird gegen Ermüdung widerstandsfähiger. Ein Kraftausdauertraining, das die Kapillarisierung fördert, verbessert also gezielt den Energiefluss, und damit eine bessere Versorgung der Muskulatur zur Steigerung der Leistungsfähigkeit. Kraftausdauertraining erhöht außerdem den Glykogen- und Enzymbesatz.
Kraftausdauertraining ist also wichtig, doch für wen?
In den bisherigen Ausführungen verdeutlichte ich Ihnen die Vorteile des Kraftausdauertrainings. Von den Vorteilen können alle Sportler profitieren – egal ob Anfänger oder Profikraftsportler. Unabhängig davon, welches Ziel sie verfolgen und welche Leistungsfähigkeit sie erreichen wollen. So kann beispielsweise mit der bereits angesprochenen Kapillarisierung nicht nur die Leistungs- und Erholungsfähigkeit verbessert, sondern auch Bluthochdruck verringert bzw. verhindert werden. Im Alltag profitiert vor allem der Freizeitsportler vom Kraftausdauertraining. Treppensteigen, das Tragen größerer Lasten lassen ihn nicht mehr außer Atem und ins Schwitzen kommen. Aufgrund seiner verbesserten Kraftausdauer stellt dies alles kein Problem mehr dar.
Kraftausdauertraining hat zwar nur einen geringen Trainingseffekt auf die Maximalkraft und die Muskelmasse, jedoch kann der Leistungs- und professionelle Kraftsportler von der Verbesserung der Säuretoleranz und der höheren Kapillardichte beim Kraftausdauertraining profitieren. Es verbessert sich nicht nur seine Leistungsfähigkeit, sondern auch seine Erholungsfähigkeit, denn die Muskeln werden besser mit Nährstoffen versorgt. Außerdem wird die Laktatschwelle erhöht und Laktat effektiver abtransportiert. Profis profitieren von der Verbesserung der muskulären Aktivierungsfähigkeit, Kraftausdauer und der Kraftfähigkeit. Auch beim Training im Hypertrophie- oder Maximalkraftbereich hat da Kraftausdauertraining aufgrund der verbesserten Leistungs- und Erholungsfähigkeit eine große Bedeutung. Deshalb sollte diese Trainingsart auch von den Profis nicht außer Acht gelassen werden.
Integration des Kraftausdauertrainings in den Trainingsablauf
Sie haben jetzt erfahren, was Kraftausdauertraining ist und wie Sie davon profitieren können. Doch sicher möchten Sie auch wissen, wie Sie diese Trainingsform in ihren Trainingsablauf integrieren können. Bei der Integration des Kraftausdauertrainings in den Trainingsablauf gibt es unterschiedliche Empfehlungen. Deshalb sollte beispielsweise bei Leistungssportlern das Kraftausdauertraining auf das jeweilige physiologische Anforderungsprofil der entsprechenden Sportart und damit auf die anderen Trainingsinhalte abgestimmt werden. Es können sich bei der Bestimmung der Trainingsintensität Belastungskonfigurationen zur Verbesserung der Ausdauerkomponente oder der Kraftkomponenten ergeben. Beim Kraftausdauertraining sind die Übungen so zu wählen, dass eine große Zahl von Wiederholungen möglich ist. Beim Freizeitsportler reichen oft schon 20 Wiederholungen aus, um die Kraftausdauer zu trainieren. Auch beim Kraftausdauertraining sollten die verschiedenen Muskelgruppen (z. B. im Split-Training) beansprucht werden.
Für das Kraftsporttraining gilt nicht, viel hilft viel. Viele Hobbysportler scheinen zunächst mit der Methode des intensiven Trainings im Hypertrophie- oder Maximalkraftbereich großen Erfolg zu haben. Doch wäre das Training so einfach durchzuführen, warum sprechen dann viele Sportler von einem Plateau, bei denen keine Zuwächse mehr realisiert werden können? Dies kann nur durch eine vielseitige Gestaltung des Trainingsplans erreicht werden. Regelmäßige phasenweise Wechsel zwischen Trainings mit Maximalkraft und Kraftausdauer sind wichtig und wirken sich auf das Muskelwachstum aus. Um Stagnationen zu vermeiden, sollte sich im Laufe des Jahres Trainingsmethoden zur Hypertrophie, Maximalkraft und Kraftausdauer abwechseln. Empfohlen wird über einen Zeitraum von vier bis acht Wochen ein Kraftausdauertraining zu absolvieren. So eignet sich beispielsweise das Kraftausdauertraining gut für eine Regenerationsphase. Jedoch sollte die Phase nicht zu lange ausgedehnt werden, da während des Kraftausdauertrainings kaum Muskeln aufgebaut werden. Doch aufgrund der hier genannten positiven Effekte, lohnt es sich immer wieder Zyklen mit Kraftausdauertraining einzuschieben, denn Kraftausdauertraining macht die Muskeln leistungsfähiger verbessert die Versorgung mit Nährstoffen und steigert die Erholungsfähigkeit. Dies unterstützt das normale Muskelaufbautraining und verhindert Stagnationen.
Werden beim Krafttraining also keine Fortschritte mehr erreicht, versuchen Sie es doch mal mit Kraftausdauertraining!
Ihr Gottfried Wurpes
[1] Vgl. Schmidtbleicher, D. (1989): Zum Problem der Definition des Begriffs Kraftausdauer. In: K. Carl, S. Starischka & H.-M. Storck (Hrsg.): Kraftausdauertraining S. 10-30.